Gastbeitrag Sam Bohr Tiny House Resort

Tourismus ade!

Tiny House Resort Wredenhagen ade?

Mein Name ist Sam, ich betreibe seit 4 Jahren das Tiny House Resort Wredenhagen hier in Neukrug. Viele Stationen meines Lebens führten mich 2010 nach Mecklenburg-Vorpommern in das kleine Örtchen Neukrug. Dort fand ich ein neues Zuhause in einem kleinen Siedlerhaus. Von Anfang an war ich fasziniert von der wunderschönen Landschaft. Die goldgelben Felder, der Geruch von gemähtem Heu, die Frühlingswiesen mit ihren Mohnblumen, Wälder und Seen, alles vor der Tür. Nur selten findet man noch Landschaften, die sich in der Fläche so öffnen, dass wir mit Geist und Seele die Einzigartigkeit dieser Region erkennen können.

Diese Umgebung, der unendliche Reichtum dieser Natur, ließ mich die Entscheidung treffen, hier zu leben und zu arbeiten. 
Eine glückliche Fügung ließ mich 2017 auf das Thema Tiny Houses aufmerksam werden. Der Grundgedanke, nämlich die Vereinfachung der Lebensführung und der verantwortungsvolle Umgang mit vorhandenen Ressourcen, fiel auf fruchtbaren Boden. Ich befand mich im Umbruch und suchte nach einem neuen Lebenskonzept.                                                              

Die Idee war geboren, einen Ort zu schaffen, der besonnenen Gästen die Möglichkeit des nachhaltigen Reisens bietet, ohne auf Komfort zu verzichten. Ein Tiny House Resort mit dem Ziel der Verringerung des eigenen „ökologischen Fußabdruckes“ im Bereich nachhaltiger Tourismus. Mir war klar, dass Tourismus ein stetig wachsender Wirtschaftszweig ist, ich wollte Verantwortung übernehmen und Impulse setzen. Also nicht „wachsen“ im Sinne von „weitere Hotelanlage und noch größere Hafenbecken“, sondern „wachsen“ im Sinne von „Bewusstwerdung“: über unseren Umgang mit Ressourcen und über ökologische Auswirkungen in unserem eigenen Tun.

Ein Stück Erde voller Magie, wohlbehütet mitten in der Natur, Sternschnuppen zählen, Stockbrot am Lagerfeuer. Feriengäste kommen sich selbst und ihren Mitmenschen wieder näher, sie sind nicht abgelenkt von Konsum und Aktion. Sie erleben, dass in der Reduktion tatsächlich Nähe entsteht.

Das war mein Konzept und mit diesem habe ich die Gemeinde davon überzeugen können, mit mir den Weg einer Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu gehen. Viel Arbeit und Investitionen haben sich gelohnt. 
Entstanden ist ein beliebter Ferienort, besucht von Menschen, die Natur und Ruhe suchen. Feriengäste, die immer wieder die wunderschöne Lage in ihren Bewertungen erwähnen. Sechs Tiny Houses sind so aufgestellt, dass alle eine Sichtachse haben, um einen wunderschönen Weitblick in die Landschaft genießen zu können. Dieser Weitblick ist der Garant und die Voraussetzung für eine erfolgreiche Vermietung der Tiny Houses. 

UND NUN?

Goldgräberstimmung: Betreiber von Solarparks grasen unsere Region ab, um Ackerflächen zu finden. Und umgekehrt bieten Landbesitzer Solarfirmen zuhauf ihre Äcker usw. an. Flächen, die sich ggf. eignen und in einem sogenannten Zielabweichungsverfahren doch noch zu genehmigungsfähigen PV-Anlagen umgewandelt werden können. Gemeinden bzw. Gemeindevertreter und Bürgermeister werden mit Versprechen von augenscheinlichen hohen monatlichen Beträgen und Gewerbeeinnahmen gelockt. Bauern werden geködert mit garantierten Einnahmen, Grundstückbesitzer mit Pachtverträgen, die über viele Jahre hohe Einnahmen versprechen. 2000 € pro ha im Jahr hört sich doch gut an. Aber was sind 2000 € morgen noch wert? Die Betreiber jedenfalls profitieren vom wachsenden Energiemarkt, die müssen sich nicht sorgen!

Die Verlockungen für die Gemeinde, mehr Einnahmen zu haben, heißt ja auch, Neues auf den Weg bringen zu können, hier eine neue Straße oder längst überfällige Sanierungen an öffentlichen Gebäuden usw. Aber ich frage Euch, was bringt es, eine solvente Gemeinde zu sein, wenn Menschen wegziehen, andere erst gar nicht herziehen wollen. Was nützt es, mehr Investitionen tätigen zu können, wenn gerade neu entstandene Infrastrukturen wieder wegfallen, weil Touristen die Region meiden. Ich rede hier nicht nur über das Projekt hinter meinem Grundstück, ich rede hier über Flächen von mehr als 800 ha, die alleine in der Gemeinde Eldetal geplant werden könnten, vorgeschlagen von unterschiedlichen Entwicklern/Betreibern.

Wir sollten uns nicht blenden lassen und nur von Gewinnen sprechen, hier geht es auch um Verluste, und was noch wichtiger ist: um einen Imageverlust. Das gilt nicht nur für das Tiny House Resort, was einem langsamen Sterben ausgesetzt wäre, wenn vom Grundstück aus eine derart große PV-Anlage sichtbar wäre.                                 

Wir stellen uns einfach mal vor … Touristen verlassen die Wittstocker Heide und werden rechtsseitig als Erstes begrüßt von einer verspiegelten Fläche. Weitere Ausflüge in unserer Gemeinde: an vielen Stellen das gleiche Bild. Eine Fahrradtour an den Massower See kann ich dann nicht mehr empfehlen. Der Eindruck für Touristen bleibt: PV-Anlagen so weit das Auge reicht. Und das spricht sich schnell herum. Touristen werden unsere Region meiden. Also auch für die Gemeinde: ein Imageschaden.

Das Fernbleiben von Feriengästen in unserer Region hätte weitere Auswirkungen auf viele Gemeindemitglieder, die vom Tourismus leben. Viele von uns haben hier ein lebenswertes Zuhause gefunden. Sie sehen hier eine Zukunft für sich und ihre Kinder.

Ein anderer Aspekt sollte auch nicht unterschätzt werden: Wir reden hier auch über Ackerflächen, die der Nahrungserzeugung dienen, und Argumente wie „schlechte Bodenwerte rechtfertigen eine neue Nutzung“ sollten hier kein Gehör finden. Schlechte Bodenwerte haben ja irgendwo ihren Ursprung … Aber das ist ein anderes Thema!

Grundsätzlich müssen wir alle im Rahmen von Klimawandel und Energiewirtschaft Konsequenzen ziehen und Kompromisse eingehen bezüglich von Befindlichkeiten. Aber alles in Maßen und mit Verstand. Die Gemeindevertreter sind gewählt, um eine Gemeinde zu vertreten. Dazu müssen sie aber erst mal wissen, was die Gemeinde überhaupt will, um sie vertreten zu können! Und damit sich eine Gemeinde eine Meinung bilden kann, muss sie erst einmal informiert sein!

Deshalb fordere ich absolute Transparenz und die Offenlegung der Flächen, die aktuell in Betracht gezogen werden. Hier dürfen keine Entscheidungen getroffen werden, ohne Bürgerbeteiligung!

Wir haben nur ein Kapital – und das ist unsere Landschaft mit ihrer Vielfältigkeit und Schönheit. Die gilt es zu bewahren – für uns und für die Generationen nach uns. Lasst uns gemeinsam verantwortungsvolle Entscheidungen treffen.